Unser Blog

Hier erfahren Sie Näheres zu unseren vergangenen Konzerte, aber auch zu Ankündigungen und einzelnen Künstlern.

Expressives Feuer!

geschrieben am 14. Oktober 2013, veröffentlicht in Allgemein, tags: , , , .

Es ist ein offenes Geheimnis, dass – sehr anders als in bildender Kunst und Literatur – die Musik des frühen 20. Jahrhunderts noch immer nicht so selbstverständlich rezipiert wird, wie ihr das zweifellos zukäme. Das ist umso erstaunlicher, als hier ja von einer Zeit die Rede ist, die teils bereits mehr als 100 Jahren zurückliegt! Und grade die ersten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts stehen in allen künstlerischen Sparten für eine Explosion, wie sie selbst im Verlauf der so reichen europäischen Kulturgeschichte nur selten stattfand. Auch in der Musik sucht eine solche Dichte an stilistischer Vielfalt und existenzieller Intensität ihresgleichen.

Über die Ursachen für die häufig nur begrenzte Liebe vieler Hörer und Fachleute sowie die rein numerische Unterrepräsentation im Konzertwesen kann hier nicht spekuliert werden. Ein Faktor jedoch – und vielleicht der wichtigste – dürfte sein, dass diese sogenannte „neue Musik“ unbedingt fordernd ist: eben jenen Anspruch an absolute geistige und emotinale Hingabe stellt, die so unendlich weit von unserer heute gängigen und primär auf Unterhaltung zielenden Oberflächen-Wahrnehmung entfernt ist.

Daher ist es umso großartiger, einem Pianisten wie Oskar Jezior zu begegnen, der unter schonungslosem Einsatz all seiner enormen virtuosen und mentalen Kräfte eine Ausdrucks-Totale herzustellen wusste, der man sich nicht entziehen konnte. Auf einmal wurden die Rhyzome jenes extremen Ausdrucksanspruch deutlich, der einem Großteil der Werke dieser Epoche eigen sind und das begründen, was wir unvollkommen mit dem Begriff  ‚Zeitgeist‘ umschreiben.

Danke, Oskar Jezior – das war nicht nur ein grandioser Klavierabend (und allein das wäre ja schon so viel), sondern auch ein Stück lebendigster Kulturvergegenwärtigung. Und Danke auch dem Schiederaner Publikum, das dieser ergreifenden Klangwelt eine solch tief empfundene Begeisterung entgegenbrachte!

Eine Wiederbegegnung mit Liv & Marian Migdal

geschrieben am 29. Juli 2013, veröffentlicht in Allgemein, tags: , , , , .

Migdal 2 5.7 hellWoher dieses Gefühl von Gelöstheit, von heiterer Konzentration und emotionaler Wärme? Natürlich, Mozart und Beethoven (und Claude Debussy nicht weniger) verstehen sich auf die Kunst, aus der meisterhaften Regie des musikalischen Einfalls so etwas wie gute Laune und Hörerglück werden zu lassen.

Doch dergleichen muss auch real, will sagen klanglich ins Leben kommen. Wunderbar plastisch gelang das dem Pianisten Marian Migdal und der immer noch so sympathisch jungen Geigerin Liv Migdal, deren Ausdruckskraft und interpretatorisches Gewicht in den letzten Jahren noch auffallend gewachsen sind.

Erfahrene Hörer merken schnell, wie dicht ein Ensemble miteinander musiziert: das Duo Migdal lebt erkennbar aus der kreativen Balance tiefer gegenseitiger Vertrautheit. Und auch das darf einmal erwähnt sein – wie ungemein anziehend wirkt angesichts solch großen Könnens der Charme persönlicher Bescheidenheit!

Eine rundum genussvolle Matinée, leichter und sommerlicher als alles, was die Jahreszeit bislang zu bieten hatte.

Gerne würde man länger schwärmen…

geschrieben am 28. März 2013, veröffentlicht in Allgemein, tags: , , , , , .

von Hannes Sonntag

Es gibt sie, diese Klänge mit der berühmten ‚Träne im Knopfloch‘, diese Augenblicke, in denen jenseits der Musik alles andere seine Bedeutung verliert. Selten sind sie, zugegeben, und gerade deshalb so kostbar. Nach vielen Jahren und Jahrzehnten des Hörens könnte ich mühelos aufzählen, welche Konzerte es waren, die mir bis heute jederzeit abrufbar im Sinn sind: der ein oder andere Klavierabend von Rubinstein, Askenase und Horowitz, die Aufführungen der Bruckner-Sinfonien unter Günter Wand, die Violinkonzerte der Beethoven und Brahms mit dem Geiger Henryk Szeryng….

Dass es jetzt auch ein junger Klarinettist in diese meine ganz persönliche Extra-Kategorie geschafft hat, empfinde ich als außerordentliches Ereignis. Denn natürlich hatte ich ein hervorragendes Konzert erwartet, aber eben nicht dieses Konzert.

Olivier Patey im Fürstensaal von Schloss Schieder war überwältigend: so völlig deckungsgleich mit den Klarinettensonaten des späten Brahms, so unerhört präsent in seiner gleichermaßen bescheidenen wie über sich selbst hinaus wachsenden Interpreten-Persönlichkeit und – so atemberaubend schön im Ton.

Wie macht einer das, so darf man fragen, der zusammen mit seinem exzellenten Klavierpartner Martijn Willers nach einer morgendlichen Probe bei elendem Winterwetter mit dem Auto von Rotterdam aufbricht, zu vorgerückter Nachmittagsstunde am Konzertort eintrifft, sich ein paar Minuten einspielt und dann: spielt? Aber die Frage ist rhetorisch, die Antwort einfach: es ist nicht nur ein glänzender Bühnenprofi, es ist ein Künstler, der seine Musik zutiefst in sich trägt, eine Musik, die unveräußerbar ihm allein gehört.

 

Zugabe O.Patey & M.Willers       nach der Zugabe

„Von russischer Seele“

geschrieben am 28. März 2013, veröffentlicht in Allgemein, tags: , , , , , , .

Das erste Crossover der Schlosskonzerte Schieder!

Auf diese besondere Veranstaltung blicken wir am Ende des Jahres angesichts eines gelungenen programmatischen Erstlings mit Freude und Genugtuung zurück. An einem ‚russisch-kalten‘ 8. Dezember, in der vorweihnachtlichen Kerzenschein-Atmosphäre des Fürstensaals, beschworen der Regisseur und Sprecher Markus Kopf und der Pianist Hannes Sonntag den Tonfall jener sozusagen klassischen Epoche des russischen 19. Jahrhunderts.

In Markus Kopfs wunderbar sonorer Stimme verkörperten sich die literarischen Gestalten Anton Tschechows und Leo Tolstois zu sinnlich lebendiger Gegenwart. Speziell dem Theatermann Kopf gelangen hinreißend plastisch gestaltete Dialoge.
Skrjabins Morbidezza und Tschaikowskys breit strömende Gefühlswelt erklangen unter den Händen Hannes Sonntags mit einer interpretatorischen Authentizität, deren jahrzehntelange innere Beziehung zur russischen Kultur sinnfällig hörbar wurde.

Literatur und Musik leuchteten „aus einem Geiste“, kommentierten und steigerten einander. Mit solch akribischem Konzept und so partnerschaftlich und erkennbar lustvoll interpretiert entfaltete sich ein Abend, der sehr glücklich die große Kunst mit dem Charme des Persönlichen vereinte.

M. Kopf       H. Sonntag

Ein Bösendorfer für Michail Lifits

geschrieben am 10. Oktober 2012, veröffentlicht in Allgemein, tags: , , , , , .

Flügel, wenn es denn Konzertflügel sind, können nicht fliegen. Wohl aber, wenn sie zuvor ‚eingeflogen‘ werden, einen Interpreten und sein Auditorium beflügeln.

So geschehen beim ersten Konzert der neuen Saison 2012/13 auf Schloss Schieder. Dank eines großmütigen Sponsorings vom Haus der Klaviere Gottschling stand dem Pianisten Michail Lifits für Mozart, Rachmaninow und Schumann ein wundervoller Bösendorfer-Konzertflügel zur Verfügung. Wir glauben, jedermann im Publikum empfand, wie vollendet der edle, so kultivierte Klang dieses Traditionsinstruments aus Wien in die Intimität des Fürstensaals passte.

Besonders der Wahlwiener Mozart hätte sich unter den Händen von Michail Lifits kaum Besseres wünschen können. Die ebenso beredten wie glasklaren Mozart-Darbietungen des jungen Ausnahmepianisten berührten in ihrer gleichsam klangzeichnerischen Qualität zutiefst. Jeder einzelne Ton konnte hier seine am Ideal des Streicherklangs orientierte Stimme entfalten.

Michail Lifits‘ Schumann-Spiel offenbarte den wahrhaften Künstler vielleicht noch umfassender: selten haben wir die Kreislerianer so emotional, innig und mit jedem organischen, atmenden Zeitgefühl erlebt wie an diesem Abend. Große Vergleichsnamen – Rubinstein, Kempff – lagen hier buchstäblich in der Luft. Das war ein Klavierspiel meilenweit entfernt von den zahllosen kalt-digitalen Varianten, die man heute überall anzutreffen gewohnt ist. Es versteht sich von selbst, dass der Bösendorfer diesem Spektrum warmer Innerlichkeit geradezu ideal entsprach. Ja, und selbst die Fülle und Attacke von Rachmaninows Corelli-Variationen waren beim ‚Duo Bösendorfer-Lifits‘ bestens aufgehoben.

Wir wünschen Michail Lifits die erfolgreiche Fortsetzung seiner exzellenten Karriere! Und uns selbst, dass der Bösendorfer-Flügel intensiv genug an Schloss Schieder denken möge, um möglichst bald – mit dem Schwung beherzter Förderer – wieder an den Ort eines so beseelten Musizierens zurückzukehren.