Zwei expressive Solisten – Kopf & Bönniger

von Hannes Sonntag

Finster wirkten sie, ganz in sich selbst versunken und doch zu allen Schandtaten bereit. Der Sprecher Markus Kopf und der Schlagzeuger Ben Bönniger vereinten sich zu einem Cross over-Duo, wie es die Schlosskonzerte so bislang noch nicht erlebt hatten.

Beide sind Virtuosen ihres Fachs, bleiben einander nichts schuldig – ihre Bühnenpräsenz ist zwingend und ihre Ausdruckskraft nicht weniger gewaltig als feinsinnig. So gelang im leicht abgedunkelten Fürstensaal eine rundum überzeugende, gewissermaßen neu kreierte Kunstform. Die Meistererzählungen von Akutagawa (Im Dickicht) und Edgar Allan Poe (Das verräterische Herz) steigerten sich zu einer Art Gesamtkunstwerk, dem das abweichend im Halbkreis platzierte Auditorium gebannt lauschte.

Markus Kopf präsentierte sich dabei nicht nur als suggestiver Leser, sondern ließ auch alle Facetten seines schauspielerischen Könnens aufblitzen: die Gestalt des scheinbar coolen Wahnsinnigen, die personifizierte Schizophrenie befand sich mitten im Raum.
Ben Bönniger fand grandiose schlagzeugerische Entsprechungen – viel, viel mehr als Klangkulisse oder Komparserie. Hier wurde das musikalische Szenario gleichberechtigtes Ego zweier genialer literarischer Vorlagen.

Dem tief beeindruckenden Duo ist mehr als zu wünschen, dass seine Programmatik mit dem sinnfälligen Namen LiteraTon Schule macht – in den Ohren und Augen eines Publikums, dessen äußerst gespannte Konzentration sich nach den letzten Worten und einem Herzschlag Schweigen begeistert Luft macht: in echter, unverhohlener Freude.

„Von russischer Seele“

Das erste Crossover der Schlosskonzerte Schieder!

Auf diese besondere Veranstaltung blicken wir am Ende des Jahres angesichts eines gelungenen programmatischen Erstlings mit Freude und Genugtuung zurück. An einem ‚russisch-kalten‘ 8. Dezember, in der vorweihnachtlichen Kerzenschein-Atmosphäre des Fürstensaals, beschworen der Regisseur und Sprecher Markus Kopf und der Pianist Hannes Sonntag den Tonfall jener sozusagen klassischen Epoche des russischen 19. Jahrhunderts.

In Markus Kopfs wunderbar sonorer Stimme verkörperten sich die literarischen Gestalten Anton Tschechows und Leo Tolstois zu sinnlich lebendiger Gegenwart. Speziell dem Theatermann Kopf gelangen hinreißend plastisch gestaltete Dialoge.
Skrjabins Morbidezza und Tschaikowskys breit strömende Gefühlswelt erklangen unter den Händen Hannes Sonntags mit einer interpretatorischen Authentizität, deren jahrzehntelange innere Beziehung zur russischen Kultur sinnfällig hörbar wurde.

Literatur und Musik leuchteten „aus einem Geiste“, kommentierten und steigerten einander. Mit solch akribischem Konzept und so partnerschaftlich und erkennbar lustvoll interpretiert entfaltete sich ein Abend, der sehr glücklich die große Kunst mit dem Charme des Persönlichen vereinte.

M. Kopf       H. Sonntag