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Ein Duo probt

geschrieben am 22. Juli 2012, tags: geige, geigerin, michaela, paetsch, probe,

von Hannes Sonntag

Ich muss gestehen, die Woche vom 1. bis zum 5. Mai war für mich ein ganz besonderes Erlebnis. Die amerikanische Geigerin Michaela Paetsch war ein paar Tage vor unserem gemeinsamen Konzert nach Lippe gekommen, um mit mir die beiden Duo-Sonaten von Ludwig van Beethoven und Edward Elgar zu proben.

Als sie denn nachmittags am Bahnhof Schieder aus dem von Hannover kommenden Nahverkehrszug stieg, ihre kostbare italienische Geige in der Linken, einen hemmungslos schweren Koffer in der rechten Hand und den vertrauten Western-Hut auf dem Kopf – konnte ich es kaum glauben, sie wirklich vor mir zu sehen. Aber ihr breites „Hello“ und die ausgiebige Umarmung ließ kein Zweifel zu.

Ich kannte Michaela Paetsch aus früheren Jahren, während derer herzliche kammermusikalische Kontakte zu ihr bestanden hatten. An verschiedenen Orten in der Schweiz waren wir uns begegnet. Doch wie es in den biografischen Wechselfällen bei Künstlern nicht selten geschieht, führten die Wege später auseinander. Umso schöner, dass es nach langer und nicht einfacher logistischer Vorbereitung gelungen war, Michaela Paetschs Wege nach Schieder zu dirigieren.

Im Burghotel Blomberg (dank unserer großzügigen Sponsoren) nahm sie nun für eine knappe Woche Quartier. Und hier, so wie natürlich auf Schloss Schieder, entstand auch eine Fotoserie von mehreren hundert Fotos, von denen Sie einige auf dieser Seite anschauen können. Der brillante junge Hamburger Fotograf Maximilian Motel hat sie gemacht.

Unser gemeinsames Proben war gleichermaßen Genuss und Herausforderung. Wechselnd im Schloss und im Hause musikkundiger Freunde begannen wir noch am Abend des Ankunftsages mit der Arbeit. Eine Sonate wie die Beethoven‘sche ‚Frühlingssonate‘, die wir beide ein Leben lang gespielt hatten, bedurfte selbstverständlich zahlreicher Feinabstimmungen, war aber in der interpretatorischen Grundlinie von Anfang an homogen. Durchaus anders (und in gewisser Weise aufregender) bei der großen Violin-Sonate von Edward Elgar, aus welchen Gründen auch immer eher einem Seitenwerk des Repertoires. Hier deckten sich unsere mitgebrachten Konzepte nicht, – und das bedeutete intensive künstlerische Arbeit, eine Art von Arbeit, wie man sie vielleicht nur als Musiker liebt: gegenseitiges Erklären, zu Überzeugen versuchen, Ausprobieren und aufeinander Zugehen, bis am Ende eine neue Auffassung des Werkes geboren ist, die von beiden Spielern gewollt und getragen wird.

Immer aber – und das sage ich mit Bewunderung – war es ein perfektes Erlebnis, die überragende Geigerin in Michaela Paetsch zu erleben, eine Könnerin, für die es keinerlei Probleme darstellt, in Sekundenschnelle jeden neuen Gedanken, jeden Klangentwurf geigentechnisch schlakenlos umzusetzen. Und dann diese sehr besondere amerikanische Fähigkeit, über viele Stunden hinweg äußerst zielgerichtete Arbeit zu leisten und dabei stets optimistisch blendender Laune zu bleiben. So erneuerte sich künstlerisch und menschlich unsere Freundschaft.

Michaela Paetsch und der berühmte Trakehnerhengst Kostolany vom Gestüt Hämelschenburg

Zum Schluss noch ein privates Detail am Rande. Michaela Paetsch ist – hätten Sie das gedacht? – eine passionierte Reiterin und Pferdekennerin, die sich in den probefreien Intermezzi hingegeben von Bettina Nolting in Lippes Pferdewelt einführen ließ. Da müsste ich sehr überlegen, ob ich noch weitere Musikerkollegen mit diesen Ambitionen kenne…