Spätwerke

Schwer sind sie – das weiß man, anspruchsvoll und auf eine respekteinflößende Weise anders. Anders als Werkgruppen aus mittleren oder frühen Jahren.
So wurden im Duo-Abend der Cellistin Laura Moinian und des Pianisten Alexander Vorontsov die beiden Eckpunkte des Programms – Beethovens Sonate für Klavier und Violoncello op. 102,1 und Prokofiews Cellosonate op. 119 – zu den Hör-Höhepunkten zweier noch ganz junger Interpreten.

Erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit sie sich den geistig-klanglichen Emanationen von Komponisten widmeten, die sich in der (relativen) Schlussphase ihres Lebens und Schaffens befanden.
So konnte dann ein eher asketischer, abgewandter Beethoven gewissermaßen „Strom“ bekommen, Zügigkeit, Stringenz – und durchaus angenehm diesseitig klingen. Ein sympathisches, erlaubtes und hörenswertes künstlerisches Statement.

Was aber, wenn der Genosse Stalin persönlich Volkstümlichkeit, Jugendfrische und aufgekremplte Ärmel einfordert? Dann muss man, wenn einem sein eigenes Leben lieb ist, zumindest streckenweise die musikalischen Zähne zusammenbeißen und den Folgsamen spielen. Und so vereint denn Prokofiews Cellosonate von 1949 ein Kaleidoskop unterschiedlicher Stilmerkmale – neben den artigen, sprich strahlend eingängigen, durchaus auch solche, die eher bitterer Kommentar einer gequälten Seele sind. Wunderbar aber immer des großen russischen Meisters melodische Schöpferkraft, die nicht nur dem Widmungsträger Mstislaw Rostropowitsch, sondern auch Laura Moinian am Herzen lag. Kann es wundern, wenn der Prokofiew zum Höhepunkt des Abend wurde?

Moinian und Vorontsov dankten mit der Vocalise von Sergej Rachmaninow und verbeugten sich damit vor jenem Komponisten, dessen ausladende Cellosonate sie eigentlich hatten spielen wollen – wenn da nicht der um Tage verspätete Transport eines kostbaren Cellos von New York zurück nach Deutschland ungebührlich Schicksal gespielt hätte.

von Hannes Sonntag