….. und sie waren mitten unter uns ….. Philipp Scheucher mit erlesenen Beethoven- und Mozart-Interpretationen

von Hannes Sonntag

„Sternstunden“ nannte man dergleichen in früheren Zeiten. Stunden, in denen die Zeit stillsteht, weil sich die gebündelte Aufmerksamkeit eines ganzen Auditoriums von der Beschwörung großer Musik „gefangennehmen“ lässt. So etwas ist dem jungen österreichischen Pianisten Philipp Scheucher gelungen – über einen ganzen langen, aber eigentlich viel zu kurzen Abend hinweg.

Dabei enthielt das Programm – mit Ausnahme von Igor Stravinskys ‚Trois Mouvements de Petrouchka‘ – keinerlei Sensationen, keine Achttausender, keine „Knaller“. Ganz im Gegenteil: die wenig beachteten Werke Beehovens in Gestalt der Fantasie op. 77 und der Variationen über ein Thema von Righini gehören viel eher in die Sphäre der „Klassik für Kenner“, Musik, die ebenso kultiviert gehört werden will wie sie komponiert wurde. Die Identifizierung Scheuchers mit dieser noblen Kunst aber ging derart vollkommen auf, dass man sie als eine Mischung zweier Komponenten erlebte, die eigentlich einander ausschließen: Größe und Leichtigkeit, Tiefsinn und „Unterhaltung“. Nein, besser kann man das nicht spielen.

Das galt nicht minder für Mozarts allerbekannteste A-Dur-Sonate KV 331. Welch ebenso perfekt mitgedachtes wie emotional bewegendes Spiel. Welche Anschlags-Raffinesse, welche Artikulations-Gescheitheit. Sogar der unverwüstliche Alla turca-Satz erschien wie zum ersten Mal gehört. Das soll erst mal einer diesem Philipp Scheucher nachmachen.

Zum Schluss dann ‚Petruschka‘ – und einen Moment ertappte man sich bei dem Gedanken, ob einer, der so überragend „klassisch kann“, auch diesem genialen Kraft- und Klangfest gewachsen sein könne. Mein Gott, ja – und wie! Der Jahrhundert-Furor dieser genialen Musik blitzte wie am ersten Tag, das alles klang so richtig, so absolut organisch, und vor allen Dingen: es klang! Was man von manch viel prominenterer Wiedergabe dieses Werkes nicht unbedingt sagen kann….

Man soll ja vorsichtig sein mit Prognosen. Karrieren sind nicht nur selbstbestimmte Abläufe mit garantiertem Ausgang, sie sind eben, menschlich-allzumenschlich, auch Schicksale. Ja, hohe Begabung und unermüdlicher Einsatz gehören dazu – aber eben auch glückhafte Begegnungen, richtige Augenblicke und hilfreiche Hände.

Dennoch: dieser junge Pianist, Philipp Scheucher, hat alle Anlagen, die Reihe der großen österreichischen Pianisten in die Zukunft hinein fortzusetzen.